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1. März 2021
Pleistozän-Steppe mit Mammut und Überschrift Rewilding - top oder Flop

Rewilding - Top oder Flop?



Rewilding, also das Wiederansiedeln von Arten, die in einem Gebiet ausgestorben sind, ist eine Methode, um ein Ökosystem zu restaurieren - zumindest der Versuch. Vor allem das „Wiederherstellen“ der Megafauna (also große Pflanzenfresser wie Pferde oder Büffel) in Europa und Nordamerika ist ein viel diskutiertes Vorhaben. Es wird angenommen, dass sich durch Wiederansiedelung von großen Pflanzenfressern Ökosysteme des Pleistozäns wiederherstellen ließen. Dahinter steckt ein öffentlichkeitswirksames Konzept, dass aber viel Potential für Konflikt und negative ökologische Konsequenzen birgt. Hier wird nicht nur außer Acht gelassen, dass Ökosysteme komplexe und dynamische Gebilde sind, welche sich in den letzten 10.000 Jahren (so lange ist das Pleistozän her) auch massiv verändert haben.

Was so einfach klingt ist nämlich alles andere als das und keineswegs nur ein Freilassen von Tieren, die in einem bestimmten Gebiet ausgestorben bzw. vom Menschen ausgerottet waren. Seit den 90er Jahren hat das Rewilding-Konzept einen großen Aufschwung erlebt und viele Artenschützer*innen haben Potential in diesem Konzept gesehen. Was gut gemeint war, war leider aber oft nicht gut umgesetzt und so kam es, dass so manche Rewilding-Aktion gesamte Ökosysteme zum Kippen brachte, wie z.B. das Auslassen der Nilbarsche im Viktoriasee, das der Film Darwin‘s Nightmare gekonnt verdeutlicht. Aber nicht alle Auswilderungs-Projekte waren ein Flop. Es gibt aber positive Beispiele, wie zum Beispiel das Wiederansiedeln des Wolfs im Yellowstone Park, das sehr gut funktionierte.

Die Erfolgsrate von Rewilding-Projekten liegt aber bei lediglich 30%, bei den restlichen Projekten läuft die Wiederansiedelung aus dem Ruder, oder die Tiere sterben, bevor sie sich in einem Gebiet etablieren konnten. Das ist mit irrsinnig viel Aufwand verbunden und ist auch sehr teuer im Vergleich zu anderen Artenschutzmaßnahmen.

Aber zählt nicht die Intention? Der gute Wille, etwas zum besseren verändern zu wollen? Ist nicht jeder Artenschutzschritt besser als keiner? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir erst klären was uns wichtig ist. Ein funktionierendes Ökosystem, oder das Gefühl etwas getan zu haben. Ich kann verstehen - der Artenschutz ist sehr oft frustrierend, weil man permanent gegen politische und gesellschaftliche Mauern läuft und dadurch das Gefühl bekommt noch mehr und noch größere Projekte umsetzen zu müssen. Aber Fakt ist, dass ökologische Prozesse oft so komplex sind, dass wir Menschen sie nicht zur Gänze verstehen. Es ist wichtig, umfassende Studien durchzuführen und auf Basis dieser Daten zu handeln, auch wenn dieser Prozess langwierig ist und viel Zeit und Nerven kosten kann. Im Umkehrschluss eine ökologische Katastrophe, die man durch unachtsame Handhabung und auf Basis von lückenhaften Daten durchgeführt hat, wie im Viktoriasee, wird man vermutlich nicht wieder los – ähnlich einem Atomunglück. Daher ist Vorsicht das höchste Gebot und gekoppelt daran sollte man Präventionsmaßnahmen verstärkt Bedeutung zusprechen, und das Bewahren was noch intakt ist.

Nogués-Bravo et al 2016 haben ein Paper veröffentlicht, in der sie Rewilding mit der Büchse von Pandora verglichen, man weiß nicht was sich darin befindet und sie kann viel Unheil mit sich bringen. Es gibt viele Konsequenzen, die man sehr schwer zu Beginn eines Projekts abschätzen kann, die (1) die Biodiversität betreffen, (2) ökonomische Folgen haben können, (3) soziale Konflikte aufwerfen, (4) invasionsbiologische Folgen haben können und (5) die Ökosystemleistungen beeinflussen können. Was es braucht, um dennoch Rewilding-Projekte durchführen zu können? Nogués-Bravo et al 2016 empfehlen, dass es ein besseres Verständnis der Effekte von Auswilderung von Arten auf die Biodiversität geben sollte. Weiters empfehlen sie eine Kosten-Nutzen-Analyse, welche laut ihren Aussagen aktuell selten durchgeführt wird.

So spannend Rewilding-Aktionen scheinen und so öffentlichkeitswirksam es ist eine Bisonherde in einem Wald auszulassen, so große negative Einflüsse können diese auch haben. Ich frage mich daher, sollten wir nicht eher unser Ego als Mensch etwas zurückschrauben und von der Idee ablassen, dass wir wissen, was gut für die Natur ist? Momentan sieht es alles andere als danach aus, als wüssten wir, was den Tierarten und Pflanzenarten auf unserer Erde guttut. Das ist aber auch kein Grund sich mit Popcorn hinzusetzen und dem 6. Massensterben passiv zuzuschauen. Wissen aneignen und Studien durchführen ist hier gefragt! Quelle: Nogués-Bravo et al 2016

Was denkst du darüber? Sollten Rewilding-Projekte weiterhin durchgeführt werden? Welche Motivation hast du Arten zu schützen? Welche Werte haben für dich Tierarten? Bedauerst du, dass wir in Europa keine Mammuts mehr haben?
 

     
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